Jobwechsel in der Krise? Gute oder verrückte Idee?

Inflation, Corona, Ukraine-Krieg, drohende Wirtschaftskrise... – ist es in so einer Situation wirklich eine gute Idee, einen Jobwechsel zu wagen?

Jobwechsel in der Krise

Warum du dich zu jeder Zeit neu orientieren kannst

Alle sprechen im Moment von Inflation, steigenden Energiepreisen, Korona und einer drohenden Wirtschaftskrise. Ist es in so einer Situation wirklich eine gute Idee, einen Jobwechsel zu wagen? Um diese Frage geht es in der heutigen Podcastfolge.  

Das Thema Jobwechsel ist eigentlich immer brisant, aber im Moment immer mehr. Ich merke, dass immer mehr meiner Coachees Sorgen und Ängste haben und sich fragen, ob es eine gute Idee ist, sich in dieser Krisenzeit tatsächlich umzuorientieren. Vielleicht geht es dir genauso.

Gleich mal vorweg: Ich verstehe deine Sorge. Ja, die aktuelle Zeit ist herausfordernd. Sie fühlt sich nicht besonders sicher an. Wir haben Inflation, wir haben den Krieg in der Ukraine, wir haben explodierende Energiekosten. Die Frage ist, wo soll das noch hingehen? Und die Wirtschaftsweisen sprechen von einer eventuell aufkommenden Rezession. Ja, die Zeiten fühlen sich gerade vielleicht unsicherer denn je an. 

Ich möchte heute mal versuchen, dir eine Antwort darauf zu geben, ob es eine gute Idee ist, sich in solchen Zeiten neu zu orientieren oder ob du lieber warten solltest. Und dazu möchte ich dir gerne zwei Impulse und zwei Aufgaben am Schluss geben.

 

Impuls 1: Es braucht ein Sowohl-als-auch

Lass uns starten mit Impuls Nummer eins, der in die psychologische Richtung geht. Wenn Menschen zu mir kommen und mich fragen, ob sie sich verändern sollen, schwingt in der Frage der Wunsch nach Veränderung, nach Entfaltung, nach Wachstum, nach mehr Erfüllung, nach mehr Freiheit, vielleicht nach Entwicklung mit, je nach individueller Situation. Und auf der anderen Seite steht der Wunsch nach Stabilität, nach Sicherheit und Verlässlichkeit. Beides ist bei uns mehr oder weniger ausgeprägt, ist in uns Menschen zugleich verankert. In diesem Spannungsfeld leben eigentlich alle Menschen. Und solange beide Seiten über die Zeit hinweg ausbalanciert sind, gibt es kein Problem. Dann gibt es keinen Widerspruch, dann ist es ein Sowohl-als-auch

Natürlich kann es Situationen oder Momente im Leben geben, in denen wir vielleicht ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis haben. Zum Beispiel, wenn wir gerade älter werden und damit vielleicht auch Versorger einer Familie sind, kann zeitweise ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis entstehen. Vor diesem Hintergrund kann ein Arbeitgeber in stabilen Verhältnissen Sicherheit geben, aber eben nur punktuell und übergangsweise und nicht dauerhaft. Schwierig wird es, wenn wir eine Seite überdurchschnittlich stark betonen und die Balance, die wir alle brauchen, in Gefahr bringen.

Ich erlebe es häufig, dass Klienten zu mir kommen und sagen, dass sie sich gern verändern würden, aber von sich sagen, dass sie Sicherheits-Menschen sind. Wenn du nun denkst, dieser Satz könnte von mir kommen, dann kannst du davon ausgehen, dass die angesprochene Balance in Schieflage ist. Und es ist ja nur logisch, wenn du von dir sagst, sicherheitsorientiert zu sein, dass du große Schwierigkeiten mit Veränderung hast. Denn Veränderung bedeutet immer Unsicherheit. Jede Veränderung, die du angehst, bedeutet immer Wechsel, eine damit einhergehende Unsicherheit, weil du nicht wissen kannst, wie es auf der anderen Seite des Berges, der da vor dir liegt, eigentlich ist. Das kannst du ja gar nicht vermeiden. Du musst "über den Berg rüber", wenn du Entwicklung willst. 

Und genau das hat überhaupt nichts mit der Wirtschaftslage zu tun. Solche Ängste haben Menschen auch in wirtschaftlich guten Zeiten. Dass wir Zweifel haben und uns fragen, ob eine bestimmte Entscheidung gut ist. 

In gewisser Dosis ist das ganz normal. Aber wenn du über lange Zeit in einem Umfeld bist, das dich maximal unzufrieden macht, dann erfüllst du nicht mehr das Bedürfnis nach Entwicklung und nach Wachstum. So eine Situation macht dich maximal unzufrieden. - Ich glaube, es geht immer darum, beide Bedürfnisse ausreichend zu erfüllen

Absicherung ist für die meisten Menschen wichtig, wenn auch nicht für alle. Es gibt natürlich auch Menschen, die da drauf pfeifen. Es geht auch nicht darum, dass fehlende Absicherung zulasten deiner eigenen Lebensqualität geht. Lass uns diesen Gedanken aber weiterdenken: Was nützt dir eine vermeintlich gute finanzielle Absicherung, wenn du in Folge an deiner Unzufriedenheit erkrankst, vielleicht an Burnout, Erschöpfung, Depression oder im schlimmsten Fall einer handfesten Depression oder auch an Boreout, also maximaler Langeweile.

Viele Menschen vergessen auch, dass finanzielle Absicherung nur ein wichtiger Aspekt ist. Wenn du auf der anderen Seite krank bist, was nützt dir Sicherheit dann? Was nützt sie dir, wenn deine Psyche krank ist? Ich würde sogar sagen, dass psychische Gesundheit wichtiger ist als finanzielle Absicherung. Was nützt dir ein hoher Kontostand, wenn du krank und depressiv bist? Dann kannst du auch nicht mehr arbeiten gehen und dann ist sowieso alles für die Katz, salopp gesagt. 

Was will ich dir sagen? Es braucht ein Sowohl-als-auch. Es braucht auch eine erfüllte Karriere. Es sind zwei grundlegende Motive, die in jeden von uns drin sind, die kein Widerspruch sind, sondern eben in einer guten Balance zueinander stehen sollten. Du solltest dir auf jeden Fall anschauen, ob das bei dir noch in Balance ist oder ob du eben eine Seite gerade stark betonst.

 

Impuls 2: Was ist schon sicher?

Nun zu Impuls Nummer zwei. Hier geht es um den wirtschaftlichen Hintergrund, der aber auch eine psychologische Komponente hat. 

Ich würde sagen, es gibt zwei Sicherheiten. Die Sicherheit, die wir im Außen finden, die wirtschaftliche Sicherheit - und die Sicherheit, die in unserem Inneren ist. Aber zur Sicherheit im Außen:

Was natürlich auf den ersten Blick nicht sinnvoll erscheint, ist, wenn du aus einem vermeintlich sicheren Job in eine total unsichere Branche wechselst. Obwohl es Menschen gibt, die so etwas wagen. Aber für den “Durchschnittsmenschen” wäre das eher schwierig. Ich wüsste nicht, ob ich dir dazu raten würde. Ich würde vielleicht nicht in eine Branche wechseln, von der ich nicht weiß, ob es sie in der Form in fünf Jahren noch geben wird. Und gleichzeitig gibt es vielleicht doch Punkte, die Anlass geben, es trotzdem zu wagen. Man muss das immer sehr individuell betrachten. Vielleicht brennst du für eine Sache so doll, dass du sagst: Ja, ich wage das, auch wenn es mir unsicher erscheint. Doch die meisten Menschen würden davon wohl eher Abstand nehmen. 

Aber: Lass dich nicht korrumpieren. Wenn du massiv unzufrieden bist, dann ist das meines Erachtens kein gutes Argument für ein Verharren im Job. Ich sage es nochmal: Wenn du keine Wirksamkeit mehr in deinem Job erfährst, was passiert dann? Dann sinkt dein Selbstbewusstsein und dein Selbstwertgefühl und das brauchst du unbedingt, wenn du dir einen guten Job suchen möchtest.

Aber was ist denn wirklich sicher? Kannst du selbst beurteilen, ob eine Branche eine wirkliche Sicherheit bietet? Nein, das kannst du nicht. Das können ja nicht mal professionelle Zukunfts-Experten. Hier in Kiel haben wir zum Beispiel das Institut für Weltwirtschaft, das ganz häufig mit seinen Prognosen richtig liegt, aber eben genauso häufig auch daneben. Wenn Experten also nicht unbedingt sichere Prognosen abgeben können, wie willst du es dann tun? 

Wir denken oft, bestimmte Dinge wären sicher. Dabei ist das nur vermeintlich so. Ich denke, auch hier gibt es ein Sowohl-als-auch. Wenn ich sehen kann, dass eine Branche über die letzten Monate oder Jahre schwierig ist, dann kann ich mich fragen, will ich da aktiv hinwechseln? Du kannst bei einem stabilen Arbeitgeber aber auch nicht wissen, ob er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Es kann sein, dass du in eine Firma wechselst, in der falsche Entscheidungen getroffen werden. Auch in Großkonzernen kann das passieren. In fast allen Großkonzernen und auch im Öffentlichen Dienst gibt es massenhafte Umstrukturierung. Dort gibt es also nur eine vermeintliche Sicherheit, die wir uns im Kopf zurechtlegen. Es kann auch sein, dass sich gesetzliche Bedingungen ändern, dass sich Unternehmen umstrukturieren oder die Märkte sich ganz einfach verändern. Oder dass Unternehmen zum Beispiel nicht rechtzeitig innovieren und dann vielleicht Entlassungen anstehen.

 

Verlass dich auf dich selbst!

Das sind nur ein paar Beispiele für die Unberechenbarkeit unserer Zeit. Und für mich heißt das, dass du nur dann wirklich sicher sein kannst, wenn du dich auf dich selber verlässt und dich und deine eigene innere Sicherheit so ausbaust, dass du auf dich selber vertrauen kannst, auf deine Fähigkeiten und auf deine Kompetenzen und auch auf deine Fähigkeit, dich anzupassen und immer wieder neu zu verändern. Auf deine Fähigkeit, auch mit unangenehmen Situationen und Wahrheiten umgehen zu können. Man nennt das Resilienz. Und ich glaube, das ist die Fähigkeit der Zukunft. Denn es wird immer mehr darum gehen, sich den äußeren Gegebenheiten anzupassen, die wir ja nicht verändern können. Wir leben in einer immer komplexer werdenden, schnelleren, volatilen Welt, in der einfach ja nichts mehr richtig voraussagbar ist.  

Es geht darum, dass du dein Leben aktiv gestaltest. Dass das Außen gut zu dir passt und dass es sich eben auch sicher anfühlt, weil du dich auf dich selbst verlässt, auf dich und deine Fähigkeiten. Denn du wirst dich noch ganz oft an Veränderungen anpassen müssen, die im Außen geschehen. Das, was wir jetzt gerade erleben, das wird sich weiter potenzieren. Und die Veränderungs-Zyklen werden immer schneller kommen. 

Insofern kannst du dich auch in einer Krise beruflich neu aufstellen und verändern. Und meines Erachtens solltest du es auch tun, wenn du massiv unzufrieden bist!

Was ich dir noch mitgeben möchte

Ich habe dir eine Aufgabe am Ende versprochen. Ich möchte dir zwei Dinge mit auf den Weg geben. 

Ich würde dir erstens raten, dich hinzusetzen und zu reflektieren. Welchen Grad an Sicherheit brauchst du und warum? Und auf einer Skala von 0 bis 10: Wie sicherheitsorientiert schätzt du dich selbst ein? Und warum? Wenn du mit einer Neun oder Zehn geantwortet hast: Was brauchst du, damit sich das in einem niedrigeren Bereich bewegen kannst, damit du wieder handlungsfähig wirst? Was brauchst du, um auf eine Fünf oder Sechs zu kommen? Das sind normale Werte. 

Aber wenn du sagst, ich brauche ganz viel Sicherheit, ich brauche einen öffentlichen Dienst und ein Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit, dann würde ich sagen, dass eine Seite maximal überbetont ist und du Entwicklung brauchst.

Der zweite Schritt: Mach dir deine Ressourcen klar. Welche finanziellen Rücklagen hast du? Vielleicht bist du auch in einer guten mentalen und physischen Verfassung. Hol deine Liebsten mit ins Boot, sprich mit deinem Partner darüber, über den Wunsch nach Veränderung. Sprich mit deiner Familie oder deinen Freunden. 

Du bist unzufrieden im Job?

Hol dir anderen sozialen Rückhalt, z.B. meine Traumjob-Schmiede. Dort arbeiten wir in einer Gruppe zusammen, was unheimlich wertvoll ist. Du arbeitest mit Gleichgesinnten zusammen, die die gleichen Ängste haben wie du auch. Die sich aber auch aus einer komfortablen Situation, nämlich den vermeintlich sicheren Job raus in ein neues Aufgabengebiet, vielleicht auch in eine neue Branche bewegen wollen. In der Traumjob-Schmiede geht das wunderbar, weil andere Menschen mitmachen, die dich dabei unterstützen. Außerdem arbeite ich nach dem Grundsatz des Live Designs. Du gehst in Schleifen vor und erst dann los, wenn sich deine Zukunftsidee wirklich gut anfühlt. Wenn du das Gefühl hast, du bist da in einem richtigen Umfeld, in dem richtigen Unternehmen, bei dem du dich bewirbst. 

 

Bist du beim Thema Sicherheit anderer Meinung? Dann schreib gern in die Kommentare!

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