Ich höre jetzt die Stimmen, die sagen:
„Anja, spinnst du! Was kann ich denn dafür, dass ich krank bin/einen Unfall hatte/verlassen wurde/meinen Job verloren habe/kein Geld habe/…? Das sind doch die äußeren Umstände, da habe ich keinen Einfluss drauf. Und glaub mir, wenn ich wählen könnte, würde ich es abwählen.“
Ja, manchmal spielt dir das Leben übel mit.
Manchmal ziehst du einfach die A-Karte und bekommst so richtig eins drauf.
Du fragst dich dann: Warum ich? Warum immer ich?
Und sinkst damit ein ins Tal der Tränen und des Jammerns.
Bitte versteh mich nicht falsch. Natürlich gibt es Situationen, die sind schwer.
Und äußere Umstände, die absolut nichts mit uns selbst zu tun haben. Die einfach passieren, wie z.B. ein schwerer Unfall.
Und ja, das ist Mist und braucht auch eine Trauerphase, in der wir die Dinge, die passieren, verarbeiten und akzeptieren. Lass das auf jeden Fall zu, das ist wichtig.
Und dennoch: Danach hast du auch in solchen Phasen immer die Wahl, wie du damit umgehen willst.
Du hast die Wahl, ob du dich als Opfer begreifst und dich selbst zum Spielball der Umstände machen willst.
Ob du in dieser Postion verharren willst und sagst: „Ich kann ja nicht, weil…. Mir geht es so schlecht, weil…“
Ja, ich weiß, das klingt hart. Ich kann mir vorstellen, dass einige jetzt sagen, dass ich nicht mehr alle Latten am Zaun habe. Dass ich gut reden habe. Dass ich keine Ahnung habe. Dass bei ihnen alles ganz anders ist….
Die Wahrheit ist:
Ich bin selbst durch schwere Phasen in meinem Leben durch. Immer wieder.
Die wohl extremste Lebensphase hatte ich mit Anfang 20: Ich bin sehr früh Mutter geworden. Ich war allein. Ohne Ausbildung. Mit vielen Schulden. Und mit sehr vielen Ängsten in mir.
Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das alles verstanden habe, bis ich das annehmen konnte.
Aber ich habe mich dazu entschlossen, die Verantwortung für alles zu übernehmen. Ich hatte mich in diese Situation selbst reinmanövriert und es war hart.
Hart zu sehen, dass ich selbst dafür verantwortlich war! Und das anzuerkennen. Auch nach außen.
Mit der eigenen Scham umzugehen. Und die Scham war tief. Sehr tief. Manchmal ist sie das heute noch.
Und es war knüppelhart, die Konsequenzen zu tragen.
Die Ausbildung fertig zu machen – mit Kind und zweimal wöchentlich dazu noch nachts zu arbeiten, um den damals riesigen Schuldenberg abzutragen. Das war kein Zuckerschlecken.
Wenn ich heute darauf zurückblicke, dann bereue ich nichts.
Im Gegenteil: ich sehe voller Stolz, dass ich es geschafft habe!
Ich sehe, dass ich damals als junge Frau erkannt habe, dass es allein meine Wahl ist, was ich daraus mache.
Dass ich anders leben will. Und dass ich es schaffen kann.
Diese Zeit hat mich viel geleert.
Egal, was es ist und wie schlimm es ist, egal, wie schlecht ich mich fühle, ich habe immer die Wahl, wie ich es sehen, annehmen und damit umgehen will. Ich habe die Wahl! Immer!
Diese Erkenntnis, dass du immer die Wahl hast, ist, wenn du sie wirklich auf einer tiefen Ebene verstehst, dein Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben und zu wirklichem, tiefen Glück.
Ich sage auf einer tieferen Ebene, weil es bedeutet die Tragweite wirklich zu verstehen.
Ich möchte, dass du das mal für einen Moment sacken lässt.
Spür mal rein, wie sich das anfühlt. Du hast immer Wahl, zu jedem Zeitpunkt in deinem Leben. Egal, was dir passiert. Du entscheidest, wie du damit umgehen willst.
Das gibt dir Macht. Macht über dein Leben. Freiheit.
Und ja, genau diese Macht macht auch manchmal Angst. Angst, die falschen Entscheidungen zu treffen. Angst vor anderen auch diese Entscheidungen zu rechtfertigen.
Kommentare (2)
Jenny
08.04.2023Toller Beitrag über so ein wichtiges Thema. Ich rede häufig mit meinem Umfeld über das Thema Verantwortung und denke das es sehr viele kleine und große Probleme auf der Welt beheben kann, wenn Menschen lernen Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. In meiner Familie ist es ein Generationenübergreifendes Problem und ich habe mich dazu entschlossen diesen Kreislauf zu brechen, indem ich mich intensiv damit befasse zu lernen was es heißt Verantwortung für mich selbst zu übernehmen. Die Erkenntnis das mir das Leben nicht nur passiert, sondern ich der Erschaffer bin war zunächst schmerzhaft weil ich gefühlt vom Opfer zum "Täter" wurde. Mittlerweile finde ich das Leben hat dadurch für mich an Magie gewonnen und ich stelle mir häufiger die Frage, wie das Thema Verantwortung präsenter in jedem einzelnen werden kann.
Liebe Grüße
Anja
11.04.2023Liebe Jenny,
vielen Dank! Ja, das ist nicht immer schön und manchmal auch schmerzhaft, wenn wir merken, dass wir die Verantwortung tragen. Aber wie du richtig sagst. Das Leben passiert nicht nur, sondern du bist die Erschafferin. Das ist wunderbar.
Alles Liebe Anja